シュミットは日本にいるよ。

Ich bin bis September 2007 als Student in Japan und verfolge das ambitionierte Vorhaben, was ich erlebe, festzuhalten und zu schreiben, was ich mir dabei denke. Macht dieser Satz Sinn? Wohl kaum, und gleichzeitig zeigt er, was ich mir vorgenommen habe, naemlich Sinn zu finden, wo zunaechst erstmal keiner zu sehen war. Vielen Dank fuers Lesen, ich weiss es ist manchmal schwer. Zum Glueck weiss keiner wie es in meinem Kopf aussieht...

Mittwoch, Januar 31, 2007

Ein bisschen was zum Angucken

Nachdem ich mittlerweile rausgefunden habe, wie ich Bilder hochladen kann, wobei ich das so eigentlich gar nicht sagen kann, ohne meine Inkompetenz zu enthuellen(...ist naemlich wirklich ziemlich einfach), gibt es hier noch ein paar mehr. Ab morgen macht dann auch die Uni dicht, d.h. vermutlich wird von mir nicht viel zu hoeren sein, bis ich Anfang Maerz aus China wiederkomme und dann auch zu Hause Internet habe. Dann werde ich also auch ggf. per Skype zu erreichen sein.
Bis dahin wuensche ich allen, die Ferien haben, schoene Ferien, und allen, die keine Ferien haben, Traeume, in denen sie in die Ferien fahren. Macht doch Sinn.

Nachdem ich aufgefordert wurde, auch mal was haessliches zu fotografieren, habe ich mich auf die Suche gemacht. Da es aber bekanntermassen schwieriger ist, Haessliches wirkungsvoll in Szene zu setzen, als Schoenes, da unsere Sinne seit der Entdeckung und Ausbeutung der Aesthetik in der Antike ja darauf geschult sind, das Schoene schoen zu finden, bin ich noch nicht so recht erfolgreich. Ganz davon abgesehen waere das sichtbare Gebaeude aus japanischer Perspektive auch bei grauem Himmel noch schoen. In erster Instanz ist in Japan alles was neu ist auch erstmal schoen. Griechenland ist naemlich ziemlich weit weg.

Hier habe ich mich aber schon etwas gesteigert. Wie gesagt, ich trainiere hart.

Zugegebenermassen, eine ganze Reihe dieser Bilder ist etwas spaet, aber im uebrigen waren die Hirsche auch schon ab Anfang Dezember jeden Abend mit ihren schwenkenden Koepfen auf dem Campus zu beobachten. Ich behaupte uebrigens, das hier schlicht gesundheitspolitische Motive zu Grunde liegen. Sie stehen naemlich in der Raucher Ecke und - wie erwaehnt - schwenken unbeirrt und unendlich (im Rahmen der Lebenserwartung des Motors) ihre wachsamen Koepfe von rechts nach links, als wollten sie das sagen, was auf zahlreichen Schildern zu lesen ist: "We love clean air!"

Da viele Koeche bekanntlich den Brei verderben, ist hier nur Platz fuer einen, um mit dem legt man sich auch besser nicht an, der ist naemlich bis an die Zaehne bewaffnet mit samurai-maessig scharfen Kuechenmessern. Es sei denn, man hat die noetigen Mittel, um sie ihm abzukaufen. Und im Gegensatz zu deutschen Leopard-Panzern, die ja nun nicht jeder haben kann, zaehlt hier nur die Kaufkraft des Kunden, nicht seine Moral. Heiss und fettig, sach ich mal.

Meine erste Weihnachtsfeier des letzten Jahres, schon am 22. Ein bisschen wars wie ne Japanisch-Pruefung, mit dem Unterschied, dass es auch Geschenke gab... HoHoHoHo

Hier wohnt der Kaiser, oder eher in einem der Myriaden von Gebaeuden in der Naehe, ist ja Platz genug.

Hier gratulieren wir dem Kaiser zum Geburtstag. Er hat sich auch richtig gefreut. Ich habe mich gefragt, wer wohl wem in der Monarchen-Landschaft das Winken abgeguckt hat.

Hier guckt der Kaiser zum Fenster raus. Feine Lage.

Der Kaiser hat Kirschblueten vor allen anderen!

Und damit die keiner mopst, patroullieren ruchlose Wachen in seinem Garten!

Der deutsche Botschafter kam auch zum Gratulieren vorbei, und davor das ganze Parlament. Der Kaiser hat ziemlich viele Parkplaetze in seinem Schloss, ich habe nicht schlecht gestaunt.

Hier sind wir wieder am Anfang. Aber jetzt sind die Schotten fuer das Volk wieder dicht. Ohne Nationalflagge am Auto darf man hier naemlich nur an zwei Tagen im Jahr rein: Am Geburtstag des Kaisers und am 2. Januar zum Neujahrsgruss (am 1. Januar hat der Kaiser naemlich Urlaub).

Hier kann man noch sehen, wo die Stadt vorbei ist, ist ja der Berg mit drauf.

Und hier reichen die Lichter schon bis zum Horizont. Irgendwie waechst ja alles in der Dunkelheit obwohl sich in Wirklichkeit die Groesse gar nicht veraendert... faszinierend, und soo schoen.

mmh... Ich weiss ja auch nicht, was das ist, das sich da als Weihnachtsmann verkleidet hat, aber es sieht doch ziemlich unanstaendig aus. Ich will da mal gar nicht weiter spekulieren, da werde ich nur noch rot...

Hier sehen wir alles, was man fuer einen erfolgreichen Weihnachts-Pott (kurisumasu nabe ;-) braucht.

Und damit man nicht vergisst, dass es Weihnachten ist, gibt es traditionell japanischen Weihnachtskuchen... Ich weiss, kommt mir jetzt auch nicht besonders christlich vor, aber ist ja auch egal, sieht naemlich schoen aus, kostet 30 Euro und ausserdem: Wann hat man schon mal die Chance im "Ducky Duck Cafe" einzukaufen? Verspricht ja auch einiges: "Keep cool to be fresh" oh yeah...

Wie man sieht: Es sieht lecker aus.

Hier habe ich extra fuer das Foto mein Zimmer verwuestet, ich war naemlich mitten in eiener Aufraeumphase, die sich unerwartet in die Laenge gezogen hat. Uebrigens wird es schwieriger, je weniger man sich bewegen kann. Also immer schoen aufpassen, liebe Leute!

Das gleiche gilt fuer meine Kueche/Flur/Empfangshalle/Schuhlager. Und ja: ich habe zwei Kuehlschraenke. In dem in der Kueche lagere ich allerdings Geschirr, denn fuer den zweiten Kuehlschrank hat man eiskalt auf jede Art von Normaltemperatur-Schrank verzichtet.

Jetzt ist schon Neujahr und es gibt leckeren Tee von Kihokos Grossmutter, die Teemeisterin ist und mal eben zu meinen Ehren Feuer unterm Topf gemacht hat, zum ersten Mal im neuen Jahr, deswegen auch Hatsugama (hatsu=zum ersten Mal, kama= Teepott). Mein schlechtes Gewissen stieg dann ins Unermaessliche, als sie zwei Stunden spaeter die Utensilien wieder ordentlich verstaut hatte und laechelnd aus ihrem Teezimmerchen zurueckkam. Gluecklicherweise hatte ich mich fuer solche Evantualitaeten vorbereitet und mit kiloweise Geschenken und deutscher Schokolade bewaffnet.

Zum Glueck hatte auch die Familie keine Ahnung, wie man alles richtig macht, das hat das Ganze ziemlich entspannt.

Meine "Neujahrs-Gastfamilie" in Akita.

Das ist dann sozusagen die "Hatsu-trommel", auf den groessten Taiko-Trommeln der Welt. Ein weiterer Moment, in dem ich mich gefreut habe, dass in Japan alles erdbebensicher gebaut wird. Waere ich eine Comicfigur, waere mir mein Gehirn vermutlich zu den Ohren rausgeflogen. Instinktiv habe ich jedenfalls meinen Mund ein bisschen offen gelassen, ich habe naemlich mal gehoert, dass man das auch bei Explosionen machen soll, damit die Ohren den Druck aushalten. Ich kann jedenfalls noch hoeren.

Hier habe ich mal ein bisschen gekocht, okonomiyaki heisst soviel wie "brat was du magst". In diesem Fall mochte ich Kohl, Schweinefleisch, Sojasprossen, Fischflocken und fettarme Saucen. Zum Glueck war das auch schon das letzte Bild fuers erste, jetzt muss ich mir naemlich erstmal was zu Essen besorgen, wo ich das so angucke.
Spaetestens Anfang Maerz gibt es wieder Neuigkeiten von mir (falls es Neuigkeiten gibt). Oder zumindest Fotos von der Terrakotta-Armee und der chinesichen Mauer.

Mittwoch, Januar 17, 2007

Invasion der Aliens

Jarrett wohnt schraeg ueber mir. Er ist ein Alien wie ich auch. Aus diesem Grund tragen wir nicht nur zu jeder Zeit unsere Alien Registration Card mit uns herum, sondern planen desoefteren auch gemeinsam Attacken auf die so anscheinend reservierte japanische Kultur – und fuehren sie mit voller Inbrunst aus. In Filmen nisten sich Aliens ja eher in den Koerpern ihrer Opfer ein, verkleiden sich als deren Haustiere zwecks Spionage oder malen Mandalas in Kornfelder. Solche billigen Tricks liegen uns ganz fern, wir bedienen uns der unscheinbarsten Alltagstaetigkeiten und schaffen es auch auf diesem Wege, Fassungslosigkeit zu kreieren, die stets maskiert auftritt und die zu erkennen es einigen Feingefuehls bedarf.
Letztens zum Beispiel sind wir Essen gegangen. Hinterausgang, gleich rechts, Strasse runter bis zur Kreuzung, rechts halten und dann gleich auf der linken Seite. Machida Kiso Shokudou.
(Mir kommt es manchmal so vor, als wuerden Japaner nicht besonders gerne mit Muenzen zahlen, was natuerlich die an jeder Ecke zu findenden Getraenkeautomaten erklaeren wuerde, bieten sie doch die Moeglichkeit in Stille und Dunkelheit und ganz ohne interpersonellen Kontakt Muenzen in diesem kleinen dunklen Schlitz verschwinden zu lassen, der sich nach jedem Einwurf kurz schliesst – als wolle er sagen: ”Guckt auch keiner?” – und dann auch noch mit einem erfrischenden Kaltgetraenk belohnt zu werden. Aber nicht mit mir!)
Sobald man das Restaurant betritt, erblickt man den uebelichen Plastiktablett-Stapel und die Selbstbedienungstheke. Alles typisch japanisch: schoen fritiert – nur dass in dem Fritierfett das Fett zu fehlen scheint, anders kann ich mir das Durchschnittsgewicht von 0.6 Deutschen pro Person nicht erklaeren. Dann noch schoen Suppe und Reis dazu und ab an die Kasse. Jetzt kommt mein grosser Auftritt: Ich greife tief in die Tasche, foerdere allerhand halbedle Metalle zu Tage und deponiere sie in dem kleinen Bezahlschaelchen, das ploetzlich ganz jaemmerlich aussieht. Trotz geplanter Ruchlosigkeit kann ich mir ein leichtes Laecheln ob meiner eigenen Laecherlichkeit nicht verkneifen, was auf der anderen Seite der Kasse – in stiller Zustimmung – mit einem kurzen Nicken quittiert wird. Kein Schock, kein Erstaunen, nur die pure Schoenheit der sprachlosen Uebereinkunft angesichts der Tatsache, dass ich einfach etwas bescheuert bin – ganz ohne duenne Aermchen, riesige schware Augen und einen gruenen Eierschaedel. Zumindest ist er nicht gruen.
Ich verlasse das Schlachtfeld, waerme meine Teller der Reihe nach in einer der Mikrowellen auf, waehle einen Sitzplatz am anderen Ende des Lokals, krieche in die Bank, stelle fest, dass ich den Tee vergessen habe, krieche aus der Bank, laufe zurueck, nehme mir Tee, gehe zum Platz zurueck, krieche in die Bank, bemerke das Fehlen der Tonkatsu-Sauce auf meinem Tonkatsu, krieche aus der Bank, gehe mit meinem Teller zurueck und nehme mir Sauce, gehe zurueck, ueberlege, ob ich einen kurzen Tanz auffuehren und behaupten soll, dass ich Amerikaner bin, verwerfe die Ueberlegung und krieche zum vorerst letzten Mal in die Bank. Dann endlich findet Jarrett meine Ecke und ich erfahre von seinem Triumph an der Kasse. Nicht nur hat er bei dem Versuch, die Suppenschuessel entgegenzunehmen dieselbige, verhaeltnismaessig gleichmaessig ueber dem kurz zuvor deponierten Geld und seinem Tablett ausgeschuettet, sondern sein Verhalten wurde dazu auch noch bestraft durch das sofortige Herbeieilen zweier weiterer Angestellter, die unter Entschuldigungen seine Schuesselchen entfernt, durch neue ersetzt und auf einem frischen Tablett angerichtet haben. Nur, damit er sich ein bisschen besser fuehlen konnte und ganz und gar nicht auf der Stelle im Erdboden versinken wollte. Dieses Mal haben die Damen dann auch die Suppe selber standfest auf dem Tablett arrangiert. Glueck hat er nur gehabt, indem niemand bemerkt hat, dass er im Eifer des Gefechts auch eine 5-Yen-Muenze in seiner Miso-Suppe versenkt hat, sonst haette man ihm wohl auch umgehen diese letzte Schuessel ersetzt.
Was lernen wir daraus: Alien hin oder her, wer anders ist, dem sieht man es ohnehin an, Japaner haben auch zwei Augen und zum Schocken reicht ganz universelles Ungeschick, dem allerdings mit blitzgeschwindigen Hilfeleistungen entgegengewirkt wird.
Bleibt nur eins: Das naechste Mal muss ich mich in ein Chihuahua-Kostuem zwaengen, japanische Haustiere sind in der Regel naemlich nicht besonders gross.